Rechnungsfuchs-
Buchhaltungslexikon:
Buchstabe R
Definition - Reverse-Charge-Verfahren:
Darius Mann, Wirtschaftsinformatiker
1. Was ist das Reverse-Charge-Verfahren?
Normalerweise berechnet der Unternehmer seinem Kunden die Umsatzsteuer, behält diese ein und führt sie ans Finanzamt ab. Für Verkäufe innerhalb der EU gilt aber eine Sonderregelung. Diese Regelung nennt sich das Reverse-Charge-Verfahren oder auch die umgedrehte Steuerschuld und besagt, dass nicht der Leistungsersteller, also der Verkäufer, sondern der Leistungsempfänger, sprich der Kunde die Umsatzsteuer abführen muss. D. h., der Kunde ist dafür verantwortlich, die Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen.
2. Was sind die Voraussetzungen für die Teilnahme am Reverse-Charge-Verfahren?
Voraussetzung für die Teilnahme an dem Reverse-Charge-Verfahren ist, dass der Kunde über eine Umsatzsteueridentnummer verfügt. Außerdem darf auf der Rechnung des Verkäufers keine Umsatzsteuer ausgewiesen werden. Stattdessen ist er dazu verpflichtet, den Kunden mit dem Hinweis "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers" auf seine Steuerschuld hinzuweisen.
3. Wann muss das Reverse-Charge-Verfahren angewendet werden?
Üblicherweise wird das Reverse-Charge-Verfahren bei innergemeinschaftlichen Leistungen, also grenzüberschreitenden Geschäftsvorgängen innerhalb der EU angewendet. Das Verfahren ist jedoch nicht zwangsläufig verpflichtend.
Die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens ist nur gesetzlich vorgeschrieben, wenn es sich um innergemeinschaftliche Beförderungsleistungen, Katalog- oder Werkleistungen handelt.
4. Wie funktioniert das Reverse-Charge-Verfahren?
Reverse-Charge-Verfahren kurz erklärt:
Angenommen eine in Deutschland ansässige Firma für Büroausstattung verkauft Büromöbel an ein Softwareunternehmen in Frankreich. Die umgedrehte Steuerschuld soll angewendet werden. Also berechnet die deutsche Firma dem französischen Kunden keine Umsatzsteuer. Sie macht aber den Vermerk "Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers" auf ihrer Rechnung.
Nun ist das französische Softwareunternehmen am Zug und führt die Umsatzsteuer von aktuell 20 % in Frankreich an das zuständige französische Finanzamt ab. Da das Softwareunternehmen aber vorsteuerabzugsberechtigt ist, kann es die Umsatzsteuer wiederum als Vorsteuer geltend machen.
5. Was sind die Vorteile vom Reverse-Charge-Verfahren?
Hintergrund des Reverse-Charge-Verfahrens ist, dass der Verwaltungsaufwand bei innergemeinschaftlichen Leistungen erheblich vereinfacht wird. Im Einzelnen bedeutet das:
- Dem Leistungsersteller wird ein immenser Aufwand erspart, da er den Verkauf seiner Ware oder seiner Dienstleistung nicht beim Finanzamt erklären muss.
- Auch dem Leistungsempfänger kommt das zu Gute, da er sich nicht mit dem ausländischen Finanzamt auseinandersetzen muss.
- Des Weiteren wird das Finanzamt des Leistungserstellers entlastet, da er nicht in der Verantwortung ist, seine Steueransprüche im Ausland vollstrecken lassen zu müssen.
6. Bedeutung für die tägliche Praxis und Zusammenfassung
Das Reverse-Charge-Verfahren oder die umgedrehte Steuerschuld ist eine umsatzsteuerliche Regelung für grenzüberschreitende Lieferungen und Leistungen innerhalb der EU. Hierbei ist nicht der Leistungsersteller, sondern der Leistungsempfänger in der Pflicht, die Umsatzsteuer an das jeweilige Finanzamt abzuführen.
Wer das Reverse-Charge-Verfahren anwendet, ist dazu verpflichtet, quartalsweise eine Meldung beim Bundeszentralamt für Steuern vorzunehmen und seine innergemeinschaftlichen Leistungen anzuzeigen.
In einer sich weiter globalisierten Welt, wird das Geschäft innerhalb der EU zunehmend übliche Alltagspraxis. So ist es wichtig zu wissen, welche steuerlichen Auswirkungen es für die Praxis hat und wie man damit umgehen muss.